Früher war alles besser. Zumindest wenn man an Klärschlamm denkt. Es gab eine Zeit, da konnte man die Endprodukte menschlicher Ausscheidungen aus der Kläranlage einfach als Dünger aufs Feld gießen und sie damit einem guten Zweck zuführen. Doch das ist leider nicht mehr so. Warum? Weil sich die Zusammensetzung im Laufe der Jahrzehnte verändert hat. Heute muss man andere Wege gehen. Wir zeigen welche das sind und wie eine umweltgerechte Klärschlammentsorgung stattfindet.
Warum ist Klärschlamm nicht mehr als Dünger einsetzbar?
Vor allem sind es aber auch zahlreiche Arzneimittelrückstände, die für Belastung sorgen. In Deutschland werden die Menschen immer älter. Immer mehr nehmen täglich Medikamente zu sich. All diese Chemikalien gelangen in die Kanalisation und von dort in die Kläranlage.
Gleiches gilt für chemische Verbindungen aus den vielen Putzmitteln, Waschmitteln oder Duschgels usw. Auch sie können nicht alle von der Natur entsorgt werden. Denn im Klärwerk arbeiten Bakterien und Pilze daran die Entsorgung von biologischen Rückständen zu verwerten. Doch leider essen sie keine Tenside und Lösungsmittel, so dass die natürliche Verwertung nicht möglich ist.
Heutzutage wird alles in Kunststoffe verpackt. Mikroplastik ist somit überall. Es findet sich in Reinigungsmitteln, im Essen, in der Kleidung, auf unsrer Haut usw. Auf diesem Wege gelangt es ins Abwasser und letztendlich in die Kläranlage. Auch diese Materialien werden biologisch nicht verwertet, so dass ihr Anteil am Klärschlamm immer weiter zunimmt.
All diese Dinge führten dazu, dass heute die Entsorgung von Klärschlamm als Dünger fast zum Erliegen gekommen ist. Mittlerweile wird ungefähr die Hälfte davon der thermischen Behandlung unterzogen – so die Informationen vom statistischen Bundesamt. Eine landwirtschaftliche Verwertung ist kaum mehr angedacht. Das wäre zu riskant. Denn im schlimmsten Fall könnten die Giftstoffe tief in den Boden gelangen und auf lange Zeit das Grundwasser verschmutzen.
Wie erfolgt also die umweltgerechte Verwertung heute?
Klärschlammentsorgung und die Gesetzeslage
Aufgrund dieser Umstände hat sich in den letzten Jahren die Gesetzgebung den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst. Mit Hilfe von neuen Regeln wurde die landwirtschaftliche Entsorgung massiv eingeschränkt.
Es wurden zahlreiche Grenzwerte festgelegt, um eine Verseuchung des Bodens zu vermeiden.
Für die großen Klärwerke, die für über 50.000 bzw. 100.000 Bewohner einer Stadt die Entsorgung bzw. die Wasseraufbereitung übernehmen, wurden Fristen festgelegt. Sie dürfen nur noch bis 2029 bzw. 2032 eine Klärschlammentsorgung zum Zwecke der Düngung betreiben.
Zudem wurde festgelegt, dass manche Klärschlämme einer Phosphor-Rückgewinnung unterzogen werden. Wenn der Anteil an Phosphor bei über 20 Gramm pro Kilogramm in der vorhanden Trockenmasse übersteigt, dann muss eine solche Behandlung erfolgen. So möchte der Staat sicherstellen, dass der Rohstoff Phosphor in einer möglichst hohen Menge dem wirtschaftlichen Kreislauf erhalten bleibt. Denn ansonsten müsste Deutschland diesen teuer aus dem Ausland importieren.
Klärschlammentsorgung und Umweltschutz – wie passt das zusammen?
Man könnte jetzt sagen: Wenn der Klärschlamm nicht mehr als Dünger genutzt werden kann, dann ist das doch eigentlich ein Nachteil. Denn so muss man künstlichen Dünger herstellen und verzichtet dabei auf eine Art „Biomüll“, welcher doch ursprünglich sehr gut als Düngemittel tauglich war. An dieser Sichtweise ist tatsächlich etwas dran. Doch die Zeiten haben sich leider geändert. Wenn das Abwasser so stark verschmutzt ist mit Partikeln, die nicht mehr biologisch abbaubar sind, dann ist es für die Umwelt das Beste, wenn es nicht mehr einfach so in den natürlichen Kreislauf zurück gelangt.
Aus diesem Grund ist man dazu übergegangen die Verwertung von Klärschlamm mit Hilfe von Verbrennung zu gewährleisten. Dafür gibt es zwei unterschiedliche Verfahren.
Monoverbrennung von Klärschlamm
Phosphor ist ein wichtiger Rohstoff. Wir benötigen ihn deshalb, weil er im Kunstdünger in hohen Maßen zum Einsatz kommt. Denn für Pflanzen ist dieses Element unabdingbar, um die Bildung von Zellen voranzutreiben.
Nur um die Dimension richtig darzustellen: Deutschland importiert jährlich ungefähr 140.000 Tonnen phosphorhaltiges Düngemittel, damit unsere Landwirtschaft ihrer Arbeit nachgehen kann und Erträge erwirtschaftet. Das alles kostet viel Geld und steigert die Abhängigkeit von ausländischen Wirtschaften. Einer der größten Lieferanten auf der Welt ist Marokko. Je nach politischer Lage, sollte man sich dort nicht in Abhängigkeit begeben.
Die thermische Entsorgung (PDF) per Monoverbrennung ist nicht gerade die erfreulichste Lösung, doch sie hat immer noch eine deutlich bessere Bilanz als die landwirtschaftliche Verwendung. Vor allem garantiert sie für eine gewisse Menge an Phosphorrückgewinnung.
Mitverbrennung von Klärschlamm
Jedenfalls ist es momentan so – nach wie vor ist Kohle und Gas wichtig. Genau hier entsteht die Möglichkeit für eine sinnvolle Klärschlammentsorgung. Der Klärschlamm wird einfach in die Verbrennungsanlage mit zugeführt. Dort wird er dazu genutzt, um Wärme zu produzieren, aus der wiederum der Strom erzeugt wird.
Verbrennung? Ist das ein Scherz? Das erzeugt doch Unmengen von CO2? Ja, dieser Einwand ist richtig. Eine Verbrennung ist fast immer mit Abgasen verbunden. Außer bei Wasserstoff, dort entsteht nur Wasser. Aber bei Klärschlamm entsteht auch CO2. Aber! – zum Glück gibt es ein Aber. Jede Tonne Klärschlamm, der im Ofen mit verbrannt wird, spart dafür die Verbrennung einer gewissen Menge an Gas oder Kohle ein. Und dabei gibt es einen wichtigen Unterschied:
Gas und Kohle – sie entstanden vor Millionen von Jahren, weil Mutter Natur Kohlenstoffverbindungen so veränderte, dass sie zu fossilen Energieträgern wurden. Nimmt man diese alten Naturprodukte und verbrennt sie heute, dann ist das kein Kreislauf. Man setzt einfach nur das CO2 frei, aber entzieht der Welt keines.
Klärschlamm dagegen entsteht über Umwege aus unseren Nahrungsmitteln. Auch wenn dort Fleisch mit drin ist, bestehen sie doch hauptsächlich aus Pflanzen. Und diese wiederum wachsen immer wieder neu und entziehen dabei der Luft CO2. Das heißt, bei der Verbrennung von biologischen Brennstoffen, liegen zwischen Freisetzung und Bindung von Abgasen nur wenige Monate oder Jahre. Bei solchen Verbrennungsprozessen wird der Umwelt kein zusätzliches CO2 zugeführt, sondern es wird nur das, was ohnehin schon vorhanden ist, von der einen Form in die andere gebracht. Und das immer wieder hin und her. Es wird also nicht ein Berg von tonnenweise CO2 aufgebaut, der sich niemals wieder abbaut. Stattdessen wird die Summe unterm Strich gleich gelassen.
Daher ist es für die Umwelt auf jeden Fall besser, wenn keine Kohle und kein Gas im Ofen landen, sondern Dinge wie Holz, Raps und eben der Klärschlamm.